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Getreidefütterung in der Pferdefütterung

30. September 2020

Schon seit Jahrtausenden gehört Getreide bei domestizierten Pferden zum festen Bestandteil der Fütterung und werden vor allem zur Ergänzung der Raufutterration bei schwerer körperlicher Arbeit genutzt. Unter dem Begriff Getreide werden dabei alle Pflanzen der Familie der Süßgräser (Poaceae), die aufgrund ihrer stärkehaltigen Körnerfrüchte angebaut werden.

Neben den klassischen Getreidesorten Hafer, Weizen oder Gerste werden auch Reis, Mais und Hirse zu den Getreiden gezählt.

 

Verschiedene Getreidearten in der Pferdefütterung

Eine der bekanntesten Getreidesorten in der Pferdefütterung stellt der Hafer dar: Besonders als Einzelfuttermittel spielt der Hafer eine große Rolle, denn im Gegensatz zu anderen Getreidesorten weist er einen hohen Anteil verdaulicher Stärke aus. Im Seine hohe praecaecale Stärkeverdaulichkeit, d. h. die Verdaulichkeit der enthaltenen Stärke im Dünndarm, sorgt dafür, dass der Hafer einen besonders schnellen Energielieferanten darstellt. Die plötzliche Bereitstellung großer Energiemengen kann sich erfahrungsgemäß bei generell empfindlichen oder unruhigen Pferden allerdings negativ auf Rittigkeit und Nervenstärke auswirken. Andererseits hat Hafer durch seinen hohen Spelzenanteil einen höheren Rohfaseranteil als andere Getreidesorten, welches sich positiv auf die Dickdarmverdauung und den Speichelfluss auswirkt. Hafer ist im Übrigen – anders wie oftmals behauptet – mit 10-11% Rohprotein nicht besonders eiweißreich, hat aber eine bessere Aminosäurezusammensetzung als andere Getreidearten (Karp 2018). Eines der größten Probleme in der Haferfütterung ist seine schnelle Verderblichkeit: Die Spelzen des Hafers werden leicht von Schimmel befallen. Hafer, der Verunreinigungen wie Schimmelbefall, aber auch Pilzsporen oder grobe Schmutzpartikel enthält, sollte niemals verfüttert werden, denn es belastetet Magendarm-Trakt, das Immunsystem und die Leber. Generell sollte bei Hafer, aber auch bei anderen Futtermitteln, stets auf eine gute Qualität geachtet werden.

Im Gegensatz zu Hafer hat Gerste nur einen kleinen Anteil praceal verdaulicher Stärke, wodurch diese langsamer verdaut wird. Durch die langsamere Umsetzung kommt es nicht zu Energiespitzen, sodass viele Reiter bei nervösen Pferden die Gerste dem Hafer vorziehen. Die großen Mengen an nicht abgebauter Stärke sorgen im Dickdarm allerdings für Fehlgärungen oder das Ansiedeln einer unerwünschten Darmflora. Durch die Vermehrung milchsäurebildender Bakterien kommt es zu einer Übersäuerung des Darms, sodass die Schleimhaut angegriffen wird und die natürliche Bakterienbesiedlung des Darms abstirbt. Das durch die absterbenden Bakterien freigesetzte Leichengift führt zu Ausschüttung von Histamin, welches eine Hufrehe verursachen kann (Karp 2018). Aus diesem Grund wird Gerste fast ausschließlich in aufgeschlossener Form gefüttert werden. Durch die hydrothermische Aufschließung wird ein Teil der schwerverdaulichen Stärke in praececal verdauliche Stärke umgewandelt.

Weizen spielt in der Pferdefütterung eigentlich nur bei der Herstellung von Mischfuttern eine Rolle. Der Grund: Weizen hat zwar einen hohen Stärke- und damit auch Energiegehalt, enthält aber kaum Rohfaser. Eine alleinige Fütterung von Weizen ist daher nicht zu empfehlen, da sich das Fehlen von Ballaststoffen negativ auf die Darmgesundheit auswirkt. Mais hat ähnlich wie Gerste einen nur sehr geringen Anteil an praececal verdaulicher Stärke, weshalb er in der Pferdefütterung beinahe ausschließlich hydrothermisch aufgeschlossener Mais genutzt wird. Mais zeichnet sich als Futtermittel vor allem als guter Energieträger mit einem hohen Stärkegehalt. Jedoch hat Mais nur einen sehr geringen Eiweißanteil, insbesondere an den lebenswichtigen Aminosäuren Lysin und Trypthophan (Karp 2018). Dieser Mangel sorgt dafür, dass Mais als alleiniges Krippenfutter nur schlecht geeignet ist.

Doch Getreide wird nicht ausschließlich als ganze Körner verfüttert: Kleien, die bei der Mehlproduktion als Nebenprodukt anfallen, werden gerne in Mischfutterrationen eingesetzt. Im Gegensatz zu Getreidekörnern haben sie nur noch einen geringen Stärkeanteil, weisen jedoch einen erhöhten Mineralstoff- und Rohfaseranteil auf. Diätisch ist besonders Weizenkleie interessant, denn sie hat einen leicht abführenden Effekt und kann so bei Problemen des Magen-Darm-Traktes wie Verstopfungen oder Sandablagerungen helfen. Zudem hat sie einen hohen Phosphor, Eiweiß und Ballaststoffgehalt (Karp 2018).

 

Getreide als sinnvolle Ergänzung

Getreide als Ergänzung zum Raufutter ist seit langem eine gängige Fütterungspraxis in der Pferdehaltung. Dies ist keine zufällige Entwicklung: Besonders wenn Pferde hart arbeiten müssen, ist es sehr schwer ihren Energiebedarf nur über die Versorgung mit Raufutter zu decken. Heute stellt Getreide immer noch einen guten Energielieferanten dar. Wenn Pferde regelmäßig Leistung zeigen müssen, ist eine getreidehaltige Fütterung ein guter Ansatz, um den Energiebedarf des Pferdes abzudecken. Zudem wird Stärke, welcher nicht sofort im Körper verbraucht wird, zu Glykogen verstoffwechselt. Dieses wird hauptsächlich in den Muskeln und in der Leber eingelagert und dient hier als Energiespeicher. Besonders für die Fast-Twitch-Muskelfasern stellen die Glykogenspeicher die wichtigste Energiequelle dar, sodass eine ausreichende Stärke- und Glucoseversorgung die Leistungsbereitschaft sichert.

Neben Sport- und Arbeitspferden profitieren besonders leber- und nierenbelastete Pferde von einer getreidehaltigen Fütterung. Dieses hängt in erster Linie mit dem Eiweißgehalt der Ration zusammen: Beim Eiweißabbau im Körper wird giftiger Harnstoff frei, der von der Leber gebunden und über die Nieren ausgeschieden wird. Werden große Mengen Aminosäuren und Proteine über die Ration gefüttert, belastet dieses die Entgiftungsorgane Leber und Niere zusätzlich. Ebenso ist der Fettstoffwechsel grundsätzlich mit einer gewissen Leberbelastung verbunden. Getreide hat von Natur aus einen geringen Eiweiß- und Fettanteil, gleichzeitig jedoch einen hohen Energiegehalt und eignet sich deshalb gut als Kraftfutter für Pferde, die Leber- und Nierenprobleme haben. Getreidefreie Kraftfuttermischungen haben im Gegensatz dazu häufig einen höheren Eiweiß- oder Fettgehalt, sodass sie bei Pferden mit erhöhten Leber- oder Nierenwerte nicht optimal geeignet sind.

 

Grenzen und Probleme der Getreidefütterung

Obwohl getreidehaltige Futtermittel bei vielen Pferden eine sinnvolle Nahrungsergänzung darstellen, sollten die Grenzen und Probleme bei der reinen Fütterung von Getreide beachtet werden. Ein häufiges gesundheitliches Problem, dass bei der Gabe von Getreide entsteht, sind Krankheiten des Magen- und Darmtraktes wie Magengeschwüre oder eine Übersäuerung des Darms. Dabei hat Getreide eine zweifache Wirkung: Zum einen regt der hohe Zucker- und Eiweißgehalt der Ration die Produktion von Magensäure an, sodass der pH-Wert im Magen sinkt. Zum anderen wird Getreide weniger stark gekaut, sodass die Speichelproduktion sinkt. Da Speichel als Puffer im Magen dient, sorgt der weniger Speichelfluss dafür, dass der sinkende pH-Wert im Magen nicht abgefangen werden kann. Getreide sollte daher nur in kleinen Rationen verfüttert werden – bei magenempfindlichen oder bereits magenkranken Pferden kann ein vollständiger Verzicht auf Getreide sinnvoll sein.

Zudem muss bei Getreide als alleinige Kraftfutterfütterung darauf geachtet werden, dass es zu keiner Nährstoffunterversorgung bzw. einem Nährstoffungleichgewicht kommt. Besonders das Calcium-Phosphor-Verhältnis ist bei Getreide nicht optimal ausgeprägt, denn es liegt bei 1:2. Optimalerweise sollte das Calcium-Phosphor-Verhältnis jedoch bei 2:1 liegen. Ein Phosphorüberschuss in der Ration führt dazu, dass das Calcium nicht verwertet werden kann (Meyer & Connen, 2002). Dieses kann auf Dauer die Knochenstruktur schädigen. Getreide sollte deshalb immer mit einem angepassten Mineralfutter gefüttert werden, sodass das Calcium-Phosphorverhältnis gewahrt wird – von einer reinen Getreidefütterung ohne Mineralfutter ist dagegen abzusehen.

 

Stoffwechselkrankheiten und Getreide

Obwohl besonders Sportpferde von einer Kraftfutterration mit Getreide profitieren können, gibt es ebenso Pferde, für die eine getreidefreie Fütterung besser geeignet ist. Besonders bei Stoffwechselerkrankungen ist es oft sinnvoll auf eine stärke- und zuckerreduzierte Fütterung umzustellen. Pferde mit dem Equinen metbolischen Syndrom (EMS) haben beispielsweise ein ausgeprägte Insulinresistenz, durch welche der Blutzucker nicht in Leber und Muskulatur aufgenommen werden kann. Dieses fördert die Ausschüttung von weiterem Insulin, sodass die Insulinresistenz weiter verstärkt wird. Gleichzeitig behindert die Hyperglykämie, also die Überzuckerung des Blutes, die Kapillarfunktion der Hufe und fördert damit Hufrehe. Bei stoffwechselkranken Tieren mit EMS, Cushing oder Hufrehe sollte aus diesem Grund der Blutzucker- und der Insulinspiegel konstant niedrig gehalten werden, indem auf stärke- und zuckerhaltige Komponenten wie Getreide verzichtet wird.

Ebenfalls profitieren Pferde, die an der Erbkrankheit Polysaccharid Speicher Myopathie (PSSM) leiden, von einer getreidefreien Fütterung. Wenn ein Pferd an PSSM erkrankt ist, ist der Kohlenhydratstoffwechsel gestört. Dadurch werde Zuckermoleküle nicht richtig verstoffwechselt und sammeln sich krankhaft im Muskelgewebe an, wo sie die Erregungsleitung stören und im schlimmsten Fall das Absterben der Muskelzellen auslösen. Um die Auswirkung des Gendefektes zu minimieren, sollte das Pferd möglichst wenige Kohlenhydrate in Form von Stärke und Zucker aufnehmen. Aus diesem Grund ist der Verzicht auf Getreide angeraten.

Zudem sollten Pferde mit einer nachgewiesenen Allergie auf Getreide natürlich nicht mit diesem gefüttert werden. Jedoch ist eine solche Erkrankung seltener als häufig angenommen: Oftmals reagieren die Tiere nicht auf die Futtermittel, sondern auf darin enthaltene Verunreinigungen, wie Vorratsmilben, Schimmelpilze oder Pollen. Hier kann bereits ein Wechsel auf einen qualitativ hochwertigeres Produkt Entlastung bringen.  Wie oben bereits beschrieben ist bei Pferden mit Magenproblemen die reine Fütterung von Getreide nicht zu empfehlen, da diese die Produktion von Magensäure anregt. Stattdessen sollte Wert auf eine besonders rohfaserreiche Zufütterung gelegt werden, da diese den Speichelfluss anregt und so eine Übersäuerung des Körpers vorbeugt.

Quellen:

Hans-Peter Karp, Gesunde Pferdefütterung, 2018

Helmut Meyer und Manfred Coenen, Pferdefütterung, 2002

 

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Ein Gastbeitrag von:

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EQUOVIS GmbH
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